Interview mit Herrn Henschel, unserem Europameister
Lieber Herr Henschel, erzählen Sie bitte erst einmal, bei welchem Ruderverein Sie sind und wie lange Sie schon rudern!
Also, ich rudere seit 1994, 30 Jahre jetzt schon. Und zunächst habe ich als Kind bei dem Ruderverein Triton das Rudern gelernt und als ich dann Abitur gemacht habe und studierte, habe ich viele Jahre nicht gerudert. Seit 2007 bin ich Mitglied im Akademischen Ruderverein zu Leipzig und rudere dort fleißig.
Was hat Sie dazu gebracht, sich für das Rudern zu entscheiden und was gefällt Ihnen daran jetzt so gut?
Das ist schon so lange her. Warum habe ich mit Rudern angefangen? Ich hatte, als ich so 12, 13, 14 war, verschiedene Sportarten ausprobiert und diese haben mir alle nicht so richtig gefallen. Ich war vorher mal beim Schwimmen, fand ich nicht so großartig. Kampfsport habe ich auch gemacht, fand ich auch nicht so gut. Meine Eltern haben dann vorgeschlagen, dass ich Rudern ausprobieren könnte. Und das habe ich gemacht und es hat mir richtig gut gefallen.
Im Winter ist der Sport nicht ganz so interessant. Da macht man oft nur Krafttraining oder quält sich im Ruderkasten oder auf dem Ruderergometer. Aber wenn es dann endlich im Frühjahr aufs Wasser geht, das Boot übers Wasser gleitet, man an der frischen Luft ist, sich so richtig schön auspowern kann und jeden einzelnen Muskel im Körper spürt, sind die Mühen des Wintertrainings vergessen. Dann gibt es fast nichts Schöneres.
Und wenn man dann zur Regatta fährt und am Start im Boot sitzt und auf das Startsignal wartet, ist man super aufgeregt. Sobald das Startsignal ertönt, schießt man das Boot den Fluss oder den See hinunter und links und rechts neben einem sind andere Ruder, die genauso zotteln und man gibt alles, um die Gegner nicht vorbeizulassen. Das ist einfach toll, das macht Spaß. Wenn dann am Ende eine gute Platzierung erreicht wurde, sich die Aufregung gelegt hat, ist das immer richtig schön. Also auch dieser Wettkampfcharakter reizt mich sehr.
Was würden Sie sagen, ist denn das Wichtigste beim Rudern?
Das hängt von den Bootsklassen ab. Ich bin kein typischer Einer-Fahrer. Da würde ich sehr schnell die Lust verlieren, wenn ich immer nur allein trainieren müsste.
Ich mag es sehr, in den Mannschaftsbooten zu fahren. Man trifft sich zu viert oder zu acht und trainiert gemeinsam und fährt mit den Freunden zu den Wettkämpfen. Dieser Team-Spirit ist beim Rudern extrem wichtig. Das Boot wird dann richtig schnell, wenn alle zusammenarbeiten.
Wir haben gehört, Sie haben ja an der Weltmeisterschaft im Rudern mit Ihrem Team teilgenommen. Welchen Platz haben Sie belegt und sind Sie damit zufrieden?
Die beste Platzierung war da ein dritter Platz. Im Rudern ist es leider oft so, dass nur der Sieger eine Medaille bekommt. Die Zweit- und Drittplatzierten gehen oft leer aus. Das ändert aber nichts daran, dass wir uns über den dritten Platz sehr gefreut haben. Wenn man sich überlegt, dass auch Boote aus Spanien, Ungarn, Mexiko, Chile und sogar Asien dabei waren, ist so ein dritter Platz gar nicht mal so schlecht.
Und wir waren in unseren Rennen meistens die schnellste deutsche Mannschaft. Wir können also mit Stolz behaupten, dass wir auf nationaler Ebene in unserer Altersklasse zu den Besten gehören. Wir sind mit unserer Teilnahme an der Weltmeisterschaft sehr zufrieden, auch wenn wir keine Medaille erringen konnten.
Was wollen Sie beim nächsten Mal erreichen beziehungsweise was wollen Sie verbessern?
Dieses Jahr fanden die Europa- und die Weltmeisterschaft in Deutschland (Brandenburg an der Havel und in München) statt. Das erleichterte die Teilnahme enorm. Nächstes Jahr sind die Euro-Masters zum Beispiel in Bled (Slowenien). Slowenien ist schon sehr weit weg, sodass der Aufwand zu groß ist. Wir müssten unser Boot mit dem Hänger dorthin ziehen. Da ist man bestimmt zwei Tage unterwegs.
Nächstes Jahr peilen wir daher die Offenen Deutschen Masters Meisterschaften in Krefeld an. Dort wollen wir wieder angreifen und möglichst gut abschneiden.
Haben Sie denn vor so einem Wettbewerb besondere Rituale?
Ja, na klar. Wenn wir an der Regattastrecke angekommen sind, muss das Boot wieder zusammengebaut werden.
Dann stellen die Veranstalter manchmal Ruderergometer zur Verfügung. Die nutzen wir dann, um uns mindestens 15 Minuten einzufahren. Dabei kommt man richtig ins Schwitzen und der Körper wird wach. Er merkt dann, dass jetzt gleich ein Wettkampf stattfindet. Die Muskulatur und der Kreislauf müssen richtig erwärmt werden, um im Rennen die maximale Leistung abrufen zu können.
Anschließend dehnt man sich noch etwas. Kurz vor dem Ablegen ist immer noch eine Mannschaftsbesprechung, bei der die Renntaktik besprochen wird: wie wir den Start fahren, wann ein Zwischenspurt eingelegt wird, wann der Endspurt beginnt usw.
Und dann geht man schon aufs Wasser und fährt zum Start hoch. Auf dem Weg dorthin fahren wir uns noch ein bisschen ein und üben die Startschläge.
Und wie haben Sie sich dann eigentlich vor, während und nach diesem Wettkampf gefühlt?
Vor dem Wettkampf ist die Nervosität immer das Schlimmste. Man steht am Start und muss warten, bis man endlich an der Reihe ist. Auf der einen Seite will man, dass es endlich losgeht, und auf der anderen Seite denke ich mir immer: „Ich könnte jetzt so schön zu Hause auf der Terrasse sitzen und mit meiner Frau einen Kaffee trinken. Warum tue ich mir das jedes Mal aufs Neue an?“
Während des Rennens spürt man eigentlich nur Schmerz. Es brennen die Muskeln, es brennt die Lunge und man gibt einfach alles.
Wenn wir dann aber das Ziel erreicht haben und das Boot ordentlich lief, bin ich einfach nur erleichtert und erschöpft.
Wie würden Sie Ihr Team beschreiben?
Wie ich es beschreiben würde? Ziemlich chaotisch. Wir sind alles Hobby-Ruderer. Da gibt es Leute, die haben in ihrer Jugend richtig Leistungssport gemacht. Einige haben es sogar fast bis in die Nationalmannschaft geschafft.
Andere wiederum haben erst später als Erwachsene mit Rudern angefangen.
Wir sind also eine bunte Truppe und deswegen ist es manchmal mehr und manchmal weniger chaotisch. Zum Rennen sind dann alle im Boot hochkonzentriert und fokussiert. Meistens absolvieren wir dann auch gute Rennen.
Wie würden Sie sich in vier, fünf Worten beschreiben?
Diszipliniert. Ich versuche, zu allen Trainingseinheiten zu kommen und die Anweisungen des Trainers umzusetzen.
Nicht der Stärkste in der Mannschaft. Da gibt es andere, die sind deutlich kräftiger.
Ehrgeizig. Wenn ich an den Start gehe, möchte ich auch gewinnen.
Team-Spirit. Mir ist es wichtig, dass in der Mannschaft die Moral und die Stimmung gut ist, denn nur dann kann so ein Mannschaftsboot gewinnen.
Sind Sie in Ihrer Mannschaft eher derjenige, der die Befehle gibt oder der, der sie einfach umsetzt?
Das hängt von meiner Position ab, auf der ich sitze. Ich fahre oft als Schlagmann. Dann gebe ich jeden Schlag vor und die anderen, die hinter mir sitzen, müssen meinen Schlag übernehmen. Wenn das Boot nicht läuft, gebe ich Kommandos nach hinten durch und die Mannschaft muss diese auch umsetzen.
Es gab in der Saison auch Rennen, in denen saß ich im Mittelschiff. Da war ich nicht der Schlagmann und habe die Kommandos ausführen müssen.
Wie würden Sie Ihr Team auf einer Skala von 1 bis 10 beschreiben? Also 10 ist das Beste, und 0 ist wirklich schlecht
Eine 7.
Warum?
Na ja, weil wir eben so eine chaotische Truppe sind. Es hängt immer ein bisschen davon ab, wer mit im Boot sitzt. Unsere Mannschaft besteht aus ca.15 Sportlern. In den Achter passen maximal acht Mann. Da gibt es also häufige Wechsel in der Mannschaft. Wenn acht richtig Gute drinsitzen, sind wir fast unschlagbar. Aber es gibt auch Tage, da sitzt einer mit im Boot, der erst spät das Rudern gelernt hat. Das ist dann nicht optimal und das Boot läuft weniger gut.
Womit verbinden Sie dann das Wort Rudern?
Mit Spaß. Mir macht es Spaß.
Haben Sie denn noch andere Hobbys, abgesehen vom Rudern? Was machen Sie also gerne in Ihrer Freizeit?
Ich bin ein leidenschaftlicher Gärtner. Ich liebe es, in der Erde zu wühlen, Unkraut zu jäten und Rasen zu mähen.
Ich wandere auch sehr viel und natürlich vertreibe ich mir wahnsinnig gern die Zeit mit einem guten Buch.
Sagen Sie, wenn Sie doch so gerne rudern, warum sind Sie dann eigentlich trotzdem Lehrer für Deutsch und Geschichte geworden oder warum haben Sie jetzt nicht Rudern quasi zu Ihrem Beruf gemacht als Leistungssportler?
Naja, weil es bei mir für den absoluten Leistungssport leider nicht gereicht hat. Da muss man auf nationaler Ebene absolute Spitze erst sein, um international etwas erreichen zu können.
Der andere Grund sind meine Eltern. Sie waren Sportlehrer und so konnte ich von klein auf miterleben, was das für ein toller Beruf ist. Da war die Entscheidung recht schnell gefallen.
Welches der Fächer mögen Sie mehr?
Kann ich jetzt gar nicht so sagen. Ich mache Deutsch sehr gerne, gerade in den größeren Klassen. Ich unterrichte aber auch Geschichte sehr gerne.
Beide Fächer bereiten mir Freude. In den letzten Jahren habe ich immer sehr viel Deutsch unterrichten dürfen und weniger Geschichte. Das finde ich dann schon ein bisschen schade, aber ich kann jetzt nicht sagen, ich mag das eine mehr und das andere weniger.
Das Interview führten Jette Pecher und Jannes Hoffmann aus der Klasse 10a.